Die Auen
Die „Auen“ sind drei Straßenzüge, die bis in die 1950er Jahre landwirtschaftlich geprägt waren: Untere Auen, Mittlere Auen und Obere Auen. Früher lebten dort vorwiegend Rebleute, die teils eigene Flächen, teils um den halben Ertrag den Besitz der Klosterhöfe bewirtschafteten. Die ursprüngliche Gestalt der Häuser, die niedrig und meist nur einstöckig waren, ist durch die Um- und Neubauten heute fast verschwunden.
Erhaltene kulturelle Kleinode sind am östlichen Ende der Unteren Auen die beiden wappenartigen Kartuschen über den Hauseingängen sowie das kleine denkmalgeschützte Fachwerkhaus aus dem frühen 19. Jahrhundert, das als „Ofenhaus“ zuerst zum Schmieden und später zum Backen diente.
Am nordwestlichen Ende der „Auen“ befand sich der 1899 abgebrannte Hof des Klosters Schussenried. Am südwestlichen Rande der Auen, an der Engstelle der Gehrenbergstraße, steht das Haus, das mutmaßlich das Geburtshaus Jakob Gretsers, des „großen Sohnes“ der Stadt Markdorf, gewesen sein soll. Jakob Gretser (1562–1625), Jesuit und Professor an der Universität Ingolstadt, zählt zu den gelehrtesten Männern seiner Zeit. Seine Gelehrtheit hinderte ihn aber nicht daran, als glühender Befürworter der Hexenverfolgung aufzutreten. Gretsers gedruckte und ungedruckte Werke, über 300 einschließlich 23 Dramen und 43 Ersteditionen lateinischer und griechischer Handschriften, zeigen ihn als äußerst produktiven Schriftsteller im Dienst der Gegenreformation. Aus heutiger Sicht sind seine Kontorversschriften gegen den Protestantismus, die den Großteil seines Werks ausmachen, theologisch uninspiriert und wegen ihrer heftigen Polemik nur schwer erträglich. Seine liturgischen Publikationen dagegen, die das religiös-kirchliche Brauchtum (Wallfahrten, Prozessionen, Kreuz- und Marienverehrung) beschreiben, sind noch immer eine hervorragende Quelle für die Volkskunde. Als Dramatiker ist Gretser ein herausragender Vertreter des frühen Jesuitentheaters, der in Publikationen zur neulateinischen Literatur noch immer Beachtung findet.
Das „J“ im nebenan abgebildete Wappenschild steht für dessen Vater Joseph Aichele, das „P“ und „A“ für seinen Namen.